Die Frage, wann Hinterliegergrundstücke als „erschlossen“ gelten und damit erschließungsbeitragspflichtig sind, sorgt seit Jahren für Streit in Rechtsprechung und Praxis. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat sich jüngst mit dieser Thematik befasst.
Ausgangspunkt: Streit um verspätete Beitragserhebung
Ein Grundstückseigentümer wehrte sich gegen einen Erschließungsbeitrag, der viele Jahre nach Fertigstellung der Erschließungsanlage erhoben worden war. Nun beschäftigte sich auch das BVerwG und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit der Frage, ob Beiträge zeitlich unbegrenzt festgesetzt werden dürfen. Das BVerfG erklärte die entsprechende Regelung im Kommunalabgabengesetz Rheinland-Pfalz für verfassungswidrig, da sie keine zeitliche Grenze vorsah. Der Gesetzgeber führte daraufhin eine Ausschlussfrist von 20 Jahren ein.
BVerwG kippt Berufungsurteil
Das OVG Koblenz hatte sich noch auf die 30-jährige Verjährungsfrist des § 53 Abs. 2 VwVfG gestützt und hielt eine Ausschlussfrist für entbehrlich. Das BVerwG hob dieses Urteil auf, da die neue gesetzliche Frist zwingend zu beachten sei, und verwies den Fall zur Klärung der Beitragspflicht mehrerer Hinterliegergrundstücke an das OVG Koblenz zurück.
Wann sind Hinterliegergrundstücke beitragspflichtig?
Wann sind Hinterliegergrundstücke beitragspflichtig?
LDas BVerwG bejaht eine Beitragspflicht ausnahmsweise auch in folgenden Fällen:
Nicht ausreichend ist hingegen eine bloße Brachfläche oder eine nur unterwertige Nutzung.
„Gefangene Hinterliegergrundstücke“
Das BVerwG stellte mit dem Urteil klar, dass auch „gefangene“ Hinterliegergrundstücke, also solche ohne unmittelbaren Anschluss an eine Erschließungsanlage, beitragspflichtig sein können, wenn Eigentümeridentität besteht und die Voraussetzungen des § 131 BauGB erfüllt sind. Ein Hinterliegergrundstück kann sogar mehrfach erschlossen sein, wenn es über mehrere Anliegergrundstücke desselben Eigentümers verschiedene Straßenanbindungen hat.
Fazit: Mehr Rechtssicherheit, aber weiter Klärungsbedarf
Das BVerwG schafft mehr Klarheit im Umgang mit Hinterliegergrundstücken, lässt aber Raum für Einzelfallentscheidungen. Kommunen und Eigentümer sollten ihre Beitragspraxis und Bescheide prüfen – insb. bei größeren Grundstücken. Ob ein Grundstück tatsächlich erschlossen und beitragspflichtig ist, hängt mithin von zahlreichen rechtlichen und tatsächlichen Faktoren ab. Wir beraten bundesweit Eigentümer, Investoren und Kommunen zu Erschließungsbeiträgen, Kommunalabgaben und baurechtlicher Erschließung.
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